Schriften des Bundesverbands freiberuflicher Kulturwissenschaftler, Band 2

Dokumentation und Innovation bei der Erfassung von Kulturgütern

Herausgegeben von Elisabeth Ida Faulstich und Andrea Hahn-Weishaupt

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3D-Scanning-Technologien in der Bau- und Kunstdenkmalpflege und der archäologischen Feld- und Objektdokumentation

Von Martin Schaich M.A.

Einführung

Durch den Einsatz innovativer 3D-Scanning- Technologien haben sich in den letzten Jahren bei der Dokumentation von archäologischen, architektonischen und historischen Kulturgütern vielfältige neue Arbeitsfelder eröffnet.

Neben dem vermessungstechnischen Know-How müssen die in diesem Nischenbereich spezialisierten Anbieter ein umfassendes fachspezifisches Wissen aufweisen, um die – in der Regel mit herkömmlichen Vermessungsaufgaben oder Industrieanwendungen nicht vergleichbaren - Aufgabenstellungen zu lösen.


Zum Vergrößern auf das Bild klickenAbb. 1

Verschiedene 3D-Scanner, die sich vor allem durch die Kombination mit hochauflösenden digitalen Spiegelreflexkameras für den Einsatz im Denkmalpflegebereich besonders bewährt haben. (1) Laserscanner Riegl LMS-Z420i (2) Laserscanner LPM 25-HA (3) Hochauflösender Streifenlichtscanner PT-M1024. Ganz links: Arbeitsbild mit Laserscanner bei der Vermessung der monumentalen Statue der Bavaria (München). Grafik: © 2007, ArcTron 3D GmbH.

Die Perspektiven, die diese sich zunehmend wirtschaftlicher entwickelnden 3D-Scanning-Technologien (Abb. 1) für eine objektive und ganzheitliche Dokumentation kulturhistorischer Objekte bieten sind allerdings so überzeugend, dass man mittelfristig einen weitgehenden Umstieg auf dreidimensionale Dokumentationstechnologien in der Denkmalpflege und Archäologie prognostizieren darf.

Brauchen Archäologen und Denkmalpfleger 3D?

Objekte in der Archäologie und Denkmalpflege weisen fast ausnahmslos ausgeprägte und oft auch sehr kompliziert angeordnete Oberflächen und 3D-Strukturen auf. Nur die oberflächengetreue, formgerechte dreidimensionale Dokumentation ermöglicht dabei eine vollständige und reproduzierbare Objektbeschreibung.

Derartige komplexe 3D-Strukturen lassen sich heute am effektivsten mit 3D-Scanning-Verfahren dokumentieren. Zur vollständigen Beschreibung gehört neben den Oberflächengeometrien auch die Phototextur, da die reinen Objektgeometrien in der Regel keine ausreichende denkmalpflegerische Beurteilungsgrundlage bieten.

Stark bewegte Oberflächen sind bei einem aufwendigen Architekturdenkmal oder bei Bauruinen genauso regelhaft anzutreffen wie bei Bauplastik, Statuen oder archäologischen Kleinfunden.

Das sogenannte "formgerechte" oder "verformungsgerechte" Bauaufmaß mit einer kombinierten fotorealistischen Darstellung (Abb. 2) wird durch diese neuen Technologien nun einfacher möglich und am Rechner schneller und detaillierter analysierbar.


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Burg Vianden, Luxemburg. In diesem aufwendigen Großprojekt konnten wir die komplette Burg (innen und außen) sowie die umgebende Landschaft (ca. 20 km²) mit einer Kombination von luftgestützten und terrestrischen 3D-Scannern sowie der 3D-Photogrammetrie photorealistisch erfassen und modellieren. Aus den Daten ließen sich neben fotorealistischen Filmen und Renderings, beliebige Bild- und CAD-Pläne, Grundrisse, Schnitte und Orthofotos ableiten. Im Rahmen einer musealen Präsentation werden die Entwicklungsphasen der Burg von der kleinen spätantiken Kernburg bis zum heutigen Zustand in anschaulichen 3D-Animationen erklärt und erläutert. Grafik: © 2007, ArcTron 3D GmbH.

Für die Dokumentation und Analyse bieten sich den Fachwissenschaftlern neue Optionen. Dabei steht außer Frage, dass etwa dreidimensional und photorealistisch dokumentierte Statuen (Abb. 3) oder auch dreidimensional erfasste Bauteile eines klassischen Architekturdenkmals schon allein durch ihre komplette rundansichtige Beurteilbarkeit völlig neue rechnergestützte Analysemöglichkeiten eröffnen.

Archäologen und Bauforscher profitieren bei ihren Forschungen genauso von den 3D-Modellen wie Denkmalpfleger, die auch für die mögliche Beweissicherung und Reproduktion im Falle einer Zerstörung durch Naturgewalten, Umwelteinflüsse, Vandalismus oder Krieg Sorge tragen müssen.

Der real existierende Denkmal- und Fundbestand lässt sich mit 3D-Scanning-Technologien geometrisch genau und in fotorealistischer Qualität erfassen und in virtuellen 3D-Kulturarchiven für die Nachwelt pflegen und archivieren. Bedenkt man etwa die erst vor Kurzem durch Sprengung der monumentalen Buddhastatuen in Afghanistan oder durch Plünderungen in Bagdads archäologischem Nationalmuseum entstandenen immensen materiellen Verluste, so wird klar, dass digitale 3D-Dokumentationen dieser nun zerstörten oder unabsehbar verschollenen Objekte zumindest eine virtuelle dreidimensionale Erhaltung ermöglicht hätten. Der Verlust wäre sicher etwas weniger gravierend gewesen.

Für die Planung von Restaurierungs- und Sanierungsmaßnahmen, wie auch für die ganze statische Berechnung bieten zumeist erst dreidimensionale Aufnahmen verlässliche Datengrundlagen. Durch 3D-Dokumentationstechniken werden Objekte auch für die Wissenschaft und Öffentlichkeit zugänglich, die diese Denkmäler nicht persönlich besuchen können und deshalb auf einen virtuellen rechnergestützten Zugang angewiesen sind.

Zielsetzung unserer Arbeiten ist es heute, eine möglichst schnelle, effiziente, komplette und hochauflösende 3D-Bestandsaufnahme entsprechender Objekte zu ermöglichen und auf die Anforderungen der Denkmalpflege zugeschnittene, standardisierte Verfahrensweisen zu erarbeiten.

Abb. 3

3D-Modell des monumentalen, über 3 Meter hohen Marmorkopfes des römischen Kaisers Konstantin. Die 3D-Dokumentation der insgesamt 10 monumentalen Fragmente der Kaiserstatue in den Kapitolinischen Museen in Rom erfolgte mit einem hochauflösenden Streifenlichtscanner. Die Ergebnisse dieser Arbeit sind in der aktuellen Landesausstellung in Trier zu sehen.
Grafik: © 2007, ArcTron 3D GmbH.

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Welche Dokumentationsmethode für welchen Zweck?

Bei Dokumentationen in der Archäologie genau wie in der Bauforschung oder der Dokumentation von Kunstobjekten und Restaurierungsmaßnahmen werden verschiedene konventionelle und/oder elektronische Verfahren eingesetzt. In der täglichen Praxis werden diese verschiedenen Verfahren in unterschiedlichen Kombinationen eingesetzt und ergänzen sich sehr effizient (Abb. 4).


Zum Vergrößern auf das Bild klickenAbb. 4

Zusammenstellung verschiedener in der Archäologie und Denkmalpflege eingesetzter Messverfahren. Grafik: © 2007, ArcTron 3D GmbH.

Neben der einfachen Fotografie, der 2D-Handvermessung und zeichnerischen Dokumentation, gibt es verschiedene Verfahren, um mit Maschinen manuell 3D-Koordinaten abzugreifen und in Zeichnungen umzusetzen.

Die tachymetrische Vermessung sowie die Geländevermessung mittels GPS sind seit geraumer Zeit bei größeren Objektdokumentationen zum Standard für die Erstellung von Übersichts- und Detailplänen geworden.

Außerdem wird in der Archäologie und Baudokumentation die zweidimensionale Photogrammetrie und Bildentzerrung als eine schnelle und effiziente Form der Objektdokumentation bei mehr oder weniger ebenen Oberflächen eingesetzt. Die 3D-Photogrammetrie mit hochauflösenden 3D-Orthofotos kommt hauptsächlich bei der Dokumentation von Baubefunden sowie in der Fassadendokumentation zum Einsatz. Dabei kann generell gesagt werden, dass photogrammetrische Verfahren dann eher effizient einzusetzen sind, wenn die Objekte deutliche Texturen aufweisen und überwiegend Kanten auszuwerten sind.

Bei den gerade in der Archäologie und Kunstdenkmalpflege zumeist sehr unregelmäßigen Oberflächen kann hingegen das 3D-Scanning als Messverfahren erster Wahl gelten. Bei Einsatz dieser Technologie können komplexe Körper mit einem eklatanten Geschwindigkeitsvorteil gegenüber allen anderen Verfahren aufgenommen werden. Ein komplexes korinthisches Kapitell etwa ist nach etwa einem Tag komplett dreidimensional in einer Submillimeterauflösung vermessen und kann nach ca. einem weiteren Tag der Datenverarbeitung als komplettes 3D-Modell oder in beliebigen Orthofotoansichten studiert werden.

Eine händische Zeichnung ist hier nur im Ausnahmefall konkurrenzfähig. Sie mag ästhetisch ansprechender sein, aber die reduzierte Beurteilbarkeit und die lange Zeit, die bis zur Vorlage des Ergebnisses benötigt wird sowie die fehlende Reproduzierbarkeit sprechen fraglos für die umfassenderen, schnelleren und genaueren 3D-Technologien.

3D-Scanning - eine umfassende Dokumentationsmethode

3D-Scanning-Technologien kommen heute zunehmend bei alltäglicheren Funden und Denkmalpflegeobjekten zum Einsatz, nachdem in einer ersten Phase vorwiegend die besonders repräsentativen, prestigeträchtigen und entsprechend gut vermarktbaren Denkmäler und Kulturgüter des Weltkulturerbes dreidimensional vermessen wurden und werden.

Kein 3D-Scanner-Hersteller kommt heute mehr ohne den Hinweis auf die Möglichkeiten dieser Technologie bei Dokumentationen in der Archäologie und Denkmalpflege aus.

Große topografische Geländedenkmäler wie etwa Schanz- und Wallanlagen oder ausgedehnte archäologische Stätten mit Mauerresten können heute mit terrestrischen oder luftgestützten Laserscannern in vergleichsweise kurzer Zeit mit relativ hoher Genauigkeit komplett dreidimensional vermessen werden.


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Clemency, Luxemburg. Airborne Laserscan-Daten im Bereich einer bis dahin unbekannten eisenzeitlichen Grabhügelgruppe. Links: Die stark verflachten Grabhügel liegen im 3D-Modell (links) im bewaldeten Gelände (als drei kleine weiße Punkte rechts oben) und sind auf Grund ihrer großen Durchmesser (> 20 Meter) und geringen Höhe (< 0,5 Meter) selbst vor Ort kaum zu erkennen. Erst im Airborne Laserscan wurde die Grabhügelgruppe neu entdeckt. Archäologische Kontrollgrabungen von Dr. Jeannot Metzler konnten dann ein früheisenzeitliches Grabhügelfeld nachweisen.
Grafiken: Texturiertes Geländemodell links © 2007, ArcTron 3D GmbH; texturiertes Geländemodell rechts:© 2007, Dr. Andreas Schäfer, Universität Jena, Lehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte.

Besonders die - unter dichter Vegetation im Wald liegenden - archäologischen Befunde wie Grabhügel (Abb. 5), Siedlungen, Hohlwege und andere in prähistorischer oder historischer Zeit durch den Menschen verursachte Geländeformationen lassen sich in den luftgestützten Laserscans entdecken, erkennen, zuverlässig verorten, filtern und wissenschaftlich auswerten. Den Archäologiespezialisten erschließt sich besonders in den Wäldern ein das bislang bekannte Quellenbild revolutionierendes neues Forschungspotential.

Für die terrestrische Kulturgut-Dokumentation ist es in der Regel nötig, für den jeweiligen Einsatz den jeweils passenden terrestrischen 3D-Scanner (Abb. 1) vorzuhalten. Hier gilt, dass beim Stand der heutigen Technologie in der Regel mehrere 3D-Scanner unterschiedlicher Auflösung bei einem Denkmal zum Einsatz kommen müssen, um beispielsweise neben den historischen Mauern auch die wesentlich diffizileren Bauplastiken in akzeptabler Auflösung und Qualität aufnehmen zu können.

Ohne hier auf technische Details eingehen zu wollen bleibt festzuhalten, dass mit 3D-Laserscannern bekanntlich Objekte bei mehreren tausend Messungen pro Sekunde in einem sehr dichten Punkteraster von wenigen Millimetern Abstand abgetastet werden. Nach einem Scanvorgang von einigen Minuten werden auf diese Weise mehrere Millionen 3D-Punkte registriert, die die Oberfläche der vermessenen Objekte präzise beschreiben können.

Laserscanner erreichen üblicherweise Genauigkeiten von mehreren Millimetern. Sie können Strecken bis zu mehreren hundert Metern messen und sind in der Denkmalpflege deshalb besonders für die Aufnahme von Objekten in den Bereichen Topografie und Architektur geeignet.

Hybride Laserscanner mit kombinierter Photogrammetriekamera

Für Einsätze in der Denkmalpflege sind unseres Erachtens Scanner besonders geeignet, die eine maschinelle Kopplung mit einer auf dem Scannerkopf montierten externen hochauflösenden digitalen Spiegelreflexkamera bieten (Abb. 1,1-2). In dieser Konfiguration werden zwei sich ergänzende Technologien auf ideale Weise miteinander kombiniert: einerseits die Photogrammetrie und andererseits die aktive 3D-Laserscan-Vermessung mit unstrukturierten dreidimensionalen Punktewolken. Es ergeben sich vielfältige neue Möglichkeiten, die jeweiligen Stärken der beiden kombinierten Vermessungsverfahren für die Auswertung der 3D-Daten zu nutzen.

Hochpräzise Triangulationsscanner

Bei komplexen kleinteiligen Objekten, wie etwa Skeletten, kleineren Funden oder komplizierten Bauteilen etc. reichen allerdings die Messpräzision und die Auflösung eines Laserscanners nicht aus, um eine präzise Dokumentation der Objekte zu ermöglichen. Für diese Fälle werden zusätzlich hochpräzise Triangulations-Scanner benötigt, die Genauigkeiten im Submillimeterbereich bieten. Wir verwenden und vermarkten für diesen Zweck einen am Fraunhofer Institut für grafische Datenverarbeitung (Darmstadt) entwickelten Streifenlichtscanner (Abb. 1,3), der auf der Basis des Messprinzips mit strukturiertem Licht eine maximale Auflösung von bis zu 0,05 Millimeter ermöglicht und damit auch für die Erfassung von Kleinfunden in Größe einer Münze geeignet ist.

Dreidimensionale Datenmodellierung

Das 3D-Scanning produziert enorme Datenmengen (Punktewolken), die aufwendig prozessiert werden müssen. Dieser Datenverarbeitungsprozess (Abb. 6) kann die relativ kurzen Messzeiten vor Ort um ein Vielfaches übersteigen, wobei der Aufwand natürlich sehr von dem zu liefernden Ergebnis abhängig ist. Ist nur eine registrierte und fotorealistisch gefärbte Punktewolke als Bestandsaufnahme oder ein einfacher CAD-Grundrissplan gewünscht, so kann die Datenverarbeitung kurz gehalten werden.

In der Regel streben wir allerdings als Endprodukt ein hochauflösendes fotorealistisch texturiertes 3D-Modell an, das dann für detaillierte weitere Auswertungen zur Verfügung steht. In diesem Fall ist der komplette entsprechend zeitaufwendige Verarbeitungsprozess zu durchlaufen.

Die Software muss dabei in der Lage sein auch komplexe Hinterschneidungen und Kanten präzise zu modellieren und ein sehr genaues und optimiertes 3D-Netz zu erstellen. Mit Hochleistungsrechnern und Spezialsoftware, die in der Lage sind diese gewaltigen Datenmengen von Aber-Millionen Punkten zu verarbeiten, erfolgt jetzt in verschiedenen Arbeitsschritten die Registrierung und Transformation der einzelnen Scans in ein gemeinsames Koordinatensystem, die Datenbereinigung und Säuberung in den Punktewolken z.B. durch das Entfernen nicht zum Befund gehörender Messwerte, die Datenfilterung und möglichst verlustfreie Punktausdünnung mit kombinierten Kantenfindungsprozessen, die polygonale Vermaschung und schließlich die fotorealistische Visualisierung und Texturierung des 3D-Modells mit den Realfotos sowie die Analyse und Auswertung der gemessenen Daten mit Grundrissen, Querschnitten, Orthofotos etc.


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Workflow-Diagramm des Arbeitsprozesses vom 3D-Scan zum fotorealistischen 3D-Modell. Nach einer grundlegenden Bearbeitung der beim Scannen entstehenden, extrem dichten Punktewolken aus mehreren Millionen 3D-Punkten, werden die Daten zu 3D-Modellen verrechnet und schließlich fotorealistisch texturiert. Grafik: © 2007, ArcTron 3D GmbH.

Das texturierte 3D-Modell bildet nun das Endprodukt des Verarbeitungsprozesses und kann für das Einlesen in Spiele-Engines, Animationsprogramme oder sogar für die Verwendung in immersiven 3D-Virtual-Reality-Umgebungen verwendet werden.

3D-Informationssystem mit 3D-Schadenskartierung

Eine entscheidende Frage ist und bleibt aber, wie der Vermesser, Statiker, Bauforscher, Restaurator oder Archäologe selbst nun diese 3D-Daten nutzen kann?

Die ArcTron 3D GmbH entwickelt deshalb seit einigen Jahren das denkmalpflegerische 3D-Informationssystem aSPECT 3D, das es auch in der 3D-Datenverarbeitung nur bedingt erfahrenen Personen erlaubt, mit den vorliegenden 3D-Daten direkt weiterzuarbeiten.

Dieses 3D-Programm bietet eine Schnittstelle, mit der die fotorealistischen 3D-Modelle direkt strukturiert, zerschnitten und für Kartierungen etc. genutzt werden können. Dabei ist aSPECT 3D darauf spezialisiert auch mit sehr großen Punktewolken und Polygonzahlen sowie mit komplexen texturierten Oberflächennetzen zu arbeiten.

Es wurde besonders darauf geachtet, dass das Programm schnell und intuitiv erlernt und bedient werden kann. Gängige Standardformate werden beim Daten-Import und -Export unterstützt. Die Datenverarbeitung und Datenstrukturierung innerhalb der 3D-Modelle erfolgt mit eingebundener Layerstruktur, so dass der Bearbeiter seine Daten sehr einfach auf unterschiedlichen Ebenen gliedern und verwalten kann. Ein integrierter 3D-Viewer erlaubt es, die erarbeiteten 3D-Daten mit der gesamten Objekt- und Layerstruktur auch anderen Bearbeitern zugänglich zu machen.

Natürlich gibt es diverse Messwerkzeuge, um Strecken- und Flächenberechnungen auf den 3D-Modellen durchzuführen. Eine als zusätzliches Modul verfügbare Tachymeterschnittstelle erlaubt es, auch mit dem Tachymeter online Konturen oder Einzelpunkte mit 3D-Messsymbolen zu vermessen und diese Messergebnisse in dem 3D-Modell darzustellen.


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Bavaria, München. 3D-Informationssystem aSPECT 3D für die Denkmalpflege. Bei diesem Projekt wurden in Datenbanken verwaltete 3D-Schadenssachdaten mit den einzelnen 3D-Schadensgeometrien verknüpft. Das ermöglicht beliebige dreidimensionale Schadenskartierungen als Ergebnis von Datenbankabfragen. Der Restaurator kann seine Beobachtungen direkt am Rechner auf den 3D-Oberflächen eintragen und so z.B. alle Schäden eines Typs oder einer Zeitstellung mit korrekten Flächenangaben auf dem 3D-Körper darstellen. Grafik: © 2007, ArcTron 3D GmbH.

Durch die 3D-Modelle können auf einfache Weise Schnitte in beliebigen Ebenen erstellt werden, so dass die Erarbeitung hochpräziser Grundriss- und Profilpläne in sehr kurzer Zeit realisiert werden kann. Außerdem können Orthofotos erstellt werden, die dann einzelne Maueransichten oder Grundrisse etc. für die Papierdokumentation ausgeben.

Über Attribute lassen sich die verschiedenen im 3D-Modell getrennten Objekte, wie z.B. Mauern, Pflaster, Pilaster, Säulen etc., mit entsprechenden Metadaten und Attributen versehen. Auf einer archäologischen Ausgrabung entsteht so direkt eine Metadaten-Datenbank aus der z.B. alle Säulen einer bestimmten Bauphase im 3D-Modell ausgefiltert und in der dreidimensionalen Fundlage dargestellt werden können. Eine Datenbankschnittstelle erlaubt die Verknüpfung der einzelnen 3D-Elemente mit einer externen Datenbank und die Kartierung der 3D-Objekte nach entsprechenden Datenbankabfragen. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit auch sehr komplexe Kartierungen zu realisieren, wie sie z.B. bei der 3D-Schadenskartierung der monumentalen gut 18 Meter hohen Großbronze der Bavaria in München erarbeitet wurden (Abb. 7).

Natürlich kann man diese Software auf einem mobilen Computer, z.B. auf einem Tablet-PC betreiben und damit vor Ort direkt vor dem Original dreidimensionale Schadenskartierungen realisieren.

Gerade bei komplexen 3D-Objekten ergibt sich hier nun eine neue Möglichkeit zuverlässige 3D-Kartierungen zu erstellen. Bereits 2002 konnten wir im Rahmen der Bavaria-Dokumentation beispielsweise ein umfangreiches 3D-Schadenskartierungssystem mit gekoppelter Datenbank entwickeln, das nun auch im Rahmen eines langfristigen 3D-Monitoring des Objektes verwendet werden kann. Man kann hier entsprechende dreidimensionale Kartenbilder erstellen und z.B. nur alle Rissbildungen in einer 3D-Schadenskartierung darstellen. In systematischen Prüfungen wird nun in den nächsten Jahren bei diesem "Monitoring-Prozess" geprüft werden, inwieweit sich die festgestellten Schadensbilder verändert und weiterentwickelt haben und ob weitere Restaurierungsmaßnahmen notwendig werden.

Öffentlichkeitswirksame Präsentationen und Rapid Prototyping

In der weiteren Verarbeitung dieser 3D-Modelle ergeben sich vielfältige Möglichkeiten bei der Publikation und Präsentation im Rahmen von Internet- und Multimedia-Lösungen bis hin zu Animationen und aufwendigen Computerfilmen. Für Marketingzwecke, Ausstellungen, Museen oder auch etwa für die Reproduktion, Weitergabe und Auswertung von nicht transportablen Objekten ergeben sich damit zusätzliche neue Optionen.


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Konstantinstatue, Rom und Trier. In dem Projekt für die aktuelle Landesausstellung zum römischen Kaiser Konstantin in Trier wurden die Fragmente der Statue 3D-gescannt, um schließlich die 3D-Rekonstruktion der ehemals ca. 12 Meter hohen Sitzstatue zu realisieren. Links sind die vorhandenen Fragmente in den - ansonsten transparent - rekonstruierten Körper eingeblendet. Rechts ein Ausschnitt aus der Rekonstruktion der Sitzstatue in der Apsis der Maxentiusbasilika in Rom. Grafik: © 2007, ArcTron 3D GmbH.

Besonders einprägsam ist dies z.B. in der Archäologie einzusetzen, wenn aus den gescannten 3D-Modellen eines Objektes das rekonstruierte ehemalige Erscheinungsbild dargestellt werden kann. Bei unserer Rekonstruktion der ehemals ca. 12 Meter hohen Monumentalstatue von Kaiser Konstantin (Abb. 8) konnten auf Basis der 3D-Scans in Rom die verschiedenen erhaltenen Fragmente positionsgerecht am Rechner zusammengefügt werden, so dass man diese antike Kaiserstatue nun quasi aus beliebigen Blickpunkten erleben kann. Dies ist sogar mit 3D-Brillen in steroskopischen 3D-Virtual Reality-Umgebungen möglich, wo der Besucher verschiedene Positionen des antiken Betrachters im Innenraum der rekonstruierten Maxentius-Basilika einnehmen kann.

Auch für den Bau maßstabsgerechter 3D-Modelle mit CNC-Fräsen bzw. bei Reproduktionen im sogenannten Rapid-Prototyping-Verfahren ergeben sich hier vielfältige neue Möglichkeiten. Diverse Technologien erlauben es hier in verschiedensten Materialien präzise, maßstäbliche Kopien der mit den Scans aufgenommenen Objekte zu reproduzieren.

Ein einfaches Verfahren für kleine Modelle ist das sogenannte 3D-Drucken, das neben der präzisen Reproduktion des 3D-Modells auch in der Lage ist, die Fotoinformation auf den 3D-Körper aufzubringen. Damit lassen sich etwa auch komplexe, vielfarbige Befunde oder Schadenskartierungen dreidimensional und annähernd fotorealistisch reproduzieren.

Für große Reproduktionen z.B. in Stein kommen dann nur aufwendige Prozesse mit 5-Achs- CNC-Frästechnik in Frage. Aktuell lässt sich als technisches Meisterwerk hier die fast drei Meter große Marmorkopie des Konstantinkopfes in der Landesausstellung in Trier bewundern. Bei Einsatz dieser Technologien lassen sich fehlende Teile nun auch in realer Größe über CNC-Fräsen direkt aus den Computerdaten generieren, so dass der Prozess der Wiedererrichtung (Anastylose) archäologischer oder historischer Bauwerke mit der Ergänzung und Rekonstruktion der fehlenden Bauteile aus den Computerdaten realisiert werden kann.

Schlussbemerkung

Mit den beschriebenen 3D-Vermessungs- und Softwaretechnologien ergibt sich eine radikal veränderte Fund- und Befunddokumentation für denkmalpflegerische Projekte der verschiedensten Kategorien. Bei komplexen archäologischen Grabungen wird die vorgestellte Dokumentationsmethodik z.B. eine vollständige rechnergestützte 3D-Visualisierung der Entwicklung einer stratigraphischen (schichtenbezogenen) Untersuchung ermöglichen. Damit kann ein komplexer dreidimensionaler archäologischer Befund in einer völlig neuen Qualität und Objektivität dokumentiert werden.

Gerade in der alltäglich mit unwiederbringlichen Substanzverlusten kämpfenden Denkmalpflege scheint es sinnvoll, die besten zur Verfügung stehenden 3D-Dokumentationsmethoden anzuwenden und weiterzuentwickeln. Das 3D-Scanning mit der entsprechenden 3D-Datenverarbeitung bietet dafür einen hervorragenden neuen Ansatz.

Kurzfassung

In dem Artikel beschreibt der archäologische Vermessungsspezialist und Geschäftsführer der ArcTron 3D GmbH Martin Schaich die Möglichkeiten moderner 3D-Scanning-Technologien. In der Archäologie, Bau- und Kunstdenkmalpflege ergeben sich mit diesen Verfahren neue Optionen um ganzheitliche Objektdokumentationen in kurzer Zeit zu realisieren. Vom Airborne Laserscanning über das terrestrische Laserscanning und das hochauflösende submillimetergenaue 3D-Scannen mit strukturierten Lichtschnittscannern wird eine breite Palette an Vermessungsanwendungen aufgezeigt. In der Datenprozessierung werden Wege bis zum photorealistischen 3D-Modell und der Analyse in denkmalpflegespezifischen 3D-Informationssystemen angesprochen. Schließlich eröffnen sich vielerlei Perspektiven im Bereich der Visualisierung, Rekonstruktion und Reproduktion.

Abstract

3D Scanning Technologies in Architectural Conservation, Art History and Archaeological Field and Object Documentation

This article discusses the potential of modern 3D scanning technologies for use in the heritage field. These techniques provide new possibilities for generating exhaustive documentation and for long-term safeguarding in virtual archives. A range of 3D surveying applications will be introduced, from airborne laser scanning and terrestrial laser scanning to highresolution sub-millimetre-range structured light scanning. Photo-realistic 3D modelling, specialist 3D information systems, visualisation, reconstruction and reproduction will also be presented.

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Kontakt

Martin Schaich M.A
ArcTron - 3D-Vermessung & Softwareentwicklung GmbH
Ringstraße 8
93177 Altenthann
Mail: MSchaich@arctron.de
Homepage: www.arctron.de

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