Schriften des Bundesverbands freiberuflicher Kulturwissenschaftler, Band 2

Dokumentation und Innovation bei der Erfassung von Kulturgütern

Herausgegeben von Elisabeth Ida Faulstich und Andrea Hahn-Weishaupt

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3D-Laserscanning für die Bestandsaufnahme in Archäologie und Denkmalpflege

Von Olaf Prümm, Mustapha Doghaili und Michael Pospiš

1. Zusammenfassung

Die Hauptanforderungen an eine Bestandsaufnahme in den Bereichen Archäologie und Denkmalpflege liegen in der Vollständigkeit, Genauigkeit, Schnelligkeit und Wirtschaftlichkeit. In diesem Aufsatz soll beschrieben werden, inwieweit sich durch das noch relativ junge Aufnahmeverfahren des 3D-Laserscannings neue Möglichkeiten zur effektiven Bestandsdokumentation ergeben.

2. Einleitung

Zu den klassischen Methoden der Bestandsaufnahme zählen das Handaufmaß, die Tachymetrie und die Photogrammetrie.

Das Handaufmaß beruht in der Regel auf einfachen Distanzmessungen, welche mittels Zollstock und/oder Laserentfernungsmesser durchgeführt werden. Das benötigte Equipment ist günstig zu erwerben, die Erstellung eines verformungsgerechten Plans erfordert jedoch einen immensen Zeitaufwand. Beim Handaufmaß ist die Genauigkeit einer Einzelmessung relativ hoch, die absolute Genauigkeit ist hingegen (aufgrund der Verkettung einfacher Distanzmessungen) niedrig. Unter wirtschaftlichen Aspekten ist ein Handaufmaß insbesondere dann sinnvoll, wenn beispielsweise einfache, rechtwinklige Räume aufzunehmen sind. Ein Nachteil ist, dass das Handaufmaß im Gegensatz zu den nachfolgenden Verfahren kein berührungsloses Messverfahren ist.

Mit Hilfe der Tachymetrie ist es möglich, sehr genaue Daten zu erhalten. Das Aufmaß basiert auf polaren Einzelpunktmessungen. Der Bearbeiter muss, wie auch beim Handaufmaß, vor Ort entscheiden, welche Punkte für die Auswertung relevant und somit aufzunehmen sind.

Bei beiden eben genannten Verfahren wird das Objekt auf wenige Einzelpunkte reduziert. Diese genügen zwar, das Objekt schematisch darzustellen, Aussagen über Verformungen und Freiformflächen können aber in der Regel nicht gemacht werden.

Durch den Einsatz der Photogrammetrie können Objekte schnell und vollflächig erfasst werden. Pläne von ebenen Oberflächen können so verhältnismäßig schnell mit akzeptabler Genauigkeit erstellt werden. Die Gewinnung dreidimensionaler Informationen aus zwei oder mehreren Aufnahmen ist ebenfalls möglich aber zeitaufwendig und somit in großer Menge unrentabel.

Das 3D-Laserscanning vereint die Vorteile der Photogrammetrie (flächenhaft und schnell) und der Tachymetrie (3D und präzise). Komplizierte Oberflächen und Verformungen können mit einem geringen zeitlichen Aufwand berührungslos dreidimensional erfasst werden. Die Daten bilden die Grundlage umfangreicher Auswertemöglichkeiten, welche nicht zwingend im Voraus festgelegt werden müssen.

3. Überblick 3D-Laserscanner

Auf dem Markt gibt es mittlerweile eine relativ große Auswahl von 3D-Laserscannern mit unterschiedlichen Spezifikationen und Anwendungsgebieten. Je größer der Messbereich eines Gerätes ist, desto geringer ist die zu erwartende Messgenauigkeit (siehe Abb. 1).

Unterschiedliche Scansysteme

Zum Vergrößern auf das Bild klickenAbb. 1

Unterschiedliche Scansysteme und deren Reichweiten

Einen guten Überblick bezüglich der Genauigkeit geben beispielsweise MECHELKE et al. (2007). Ein Hauptkriterium bei der Wahl ist daher sicherlich der Zielmaßstab des zu erstellenden Plans oder Modells. Für kleine aber detailreiche Fundstücke kann eine Aufnahme mit einer Genauigkeit von deutlich unter einem Millimeter gefordert sein, wohingegen bei Flächen größeren Ausmaßes einige Zentimeter ausreichend sind. Ein weiteres nicht unwesentliches Kriterium ist die Dauer einer Aufnahme. Im mittleren Messbereich (0,5 - 50m) sind hierbei Geräte, die mit dem Phasenvergleich arbeiten (z.B. Z+F, Faro), denen, die mit Impulsmessverfahren arbeiten (z.B. Leica-Scanstation2, Optech, Riegl...), um den Faktor 10 überlegen. Sie stehen daher auch im Mittelpunkt der folgenden Betrachtungen. Die zu erwartende Genauigkeit einer Einzelpunktmessung dieser Geräte liegt im Bereich weniger Millimeter.

4. Aufnahme

Der Laserstrahl des Scanners wird über einen beweglichen Spiegel in den Raum abgelenkt. Durch eine schnelle vertikale Rotation des Spiegels und einer simultanen horizontalen Rotation des Scanners wird so nach und nach die gesamte Umgebung erfasst. Neben den dreidimensionalen Messwerten (zwei Winkel und eine Distanzmessung) wird pro Messpunkt ein Reflektivitätswert gemessen. In dem daraus resultierenden Kugelpanorama (siehe Abb. 2) kann übersichtlich navigiert und digitalisiert werden. Aufgrund der hohen Aufnahmegeschwindigkeit der Systeme (durchschnittlich 6 Minuten pro Standpunkt) und der hohen Auflösung ist es nun möglich Gebäude und Grabungen in kürzester Zeit nahezu vollständig zu erfassen. Das Verfahren ist unabhängig vom Umgebungslicht, somit sind selbst Aufnahmen bei absoluter Dunkelheit durchführbar. Die Geräte können laut Herstellerangaben bei Temperaturen zwischen 0ºC und 40ºC uneingeschränkt eingesetzt werden.

Kugelpanorama-Aufnahme des Vortragsraumes in Lübben

Zum Vergrößern auf das Bild klickenAbb. 2

Resultat einer zweiminütigen Aufnahme während des Vortrages in Lübben in Form des Reflektivitätsbildes

5. Datenverarbeitung

Der Vorteil einer vollständigen, dreidimensionalen Bestandserfassung geht einher mit sehr großen Datenmengen. Die Anforderungen an eine Software zur Weiterverarbeitung dieser Daten sind daher wie folgt zusammenzufassen:

- leichte Bedienbarkeit
- übersichtliche Darstellung der Daten
- sinnvolle Reduzierung der Daten
- Bereitstellen von Austauschformaten

Für den Bereich der Archäologie und Denkmalpflege bietet die Software LupoScan vielseitige Möglichkeiten die umfassenden Daten übersichtlich und effektiv auszuwerten. Verschiedene 3D-Formate können in ein eigenes strukturiertes Datenformat zur Weiterverarbeitung importiert werden. In den 2D-Darstellungen der einzelnen Aufnahmen (siehe Abb. 2) ist auch ein ungeübter Bearbeiter in der Lage dreidimensionale Informationen zu bestimmen. Mittels des Orientierungsmoduls können einzelne Scans über Passpunkte in einem übergeordneten Koordinatensystem referenziert werden.

Dreidimensionale interaktive Auswertung

Zum Vergrößern auf das Bild klickenAbb. 3

Beispiel einer dreidimensionalen interaktiven Auswertung (Potsdam, Weinbergterrassen)

Die somit in der räumlichen Lage bestimmten Aufnahmen können direkt zur interaktiven Digitalisierung benutzt werden. Durch die fotorealistische Darstellungsform können Objekte so gezielt bestimmt und gemessen werden, als stünde der Bearbeiter mit einer Totalstation in der jeweiligen Umgebung.

Mit der Schnittefunktion können durch die Eingabe weniger Parameter Höhenlinien oder Profile erstellt werden. Hierbei werden alle Aufnahmen in einem bestimmten vorgegebenen Bereich untersucht, so dass Verformungen schnell sichtbar gemacht werden können und die Vorteile der hohen Auflösung des 3D-Laserscannings sehr gezielt ausgenutzt werden.

Neben der punktuellen und linienhaften Auswertung besteht die Möglichkeit einer flächenhaften, objektbezogenen Auswertung.

Orthophoto und Tiefenbild

Zum Vergrößern auf das Bild klickenAbb. 4

Orthophoto und Tiefenbild (Hamburg, Kontorhaus)

So ist es ohne große Umstände möglich mit Hilfe der Orthogonalprojektion Daten mehrerer Aufnahmen von z.B. Böden, Wänden und Decken in maßstäbliche Orthogonalansichten zu transformieren. Diese Orthophotos können im Programm weiterhin dreidimensional ausgewertet werden, da neben dem Reflektivitätswert zusätzlich die 3D-Koordinaten gespeichert werden.

Orthophoto: Abwicklung einer Arkade

Zum Vergrößern auf das Bild klickenAbb. 5

Abwicklung einer elliptisch zylindrischen Arkade (Berlin, Märchenbrunnen)

Neben der Projektion auf ebene Flächen besteht auch die Möglichkeit der Abwicklung von Zylindern, elliptischen Zylindern und Kegeln in die Ebene. Somit wird auch für nicht ebene Objekte, wie beispielsweise Rundtürme, die höchstmögliche Maßstäblichkeit im Plan gewahrt.

Zur dreidimensionalen Weiterverarbeitung der Scandaten besteht die Möglichkeit, ausgewählte Bereiche zu triangulieren. Das Ergebnis (Vermaschung) kann in verschiedenen Austauschformaten ausgegeben und dann mit Programmen wie Geomagic, Rapidform, Rhino oder Polyworks weiterverarbeitet werden.

Sollte eine farbige Dokumentation gefordert sein, so können die Laserscandaten mit Hilfe photogrammetrischer Aufnahmen entsprechend ergänzt werden.

6. Fazit / Ausblick

3D-Laserscanning, gepaart mit einer guten Auswertesoftware, ist mehr als eine sinnvolle Ergänzung zu den herkömmlichen Messmethoden. Insbesondere sehr komplexe Formen können mit diesen Geräten erstmalig flächenhaft dreidimensional in kurzer Zeit präzise erfasst werden. Somit kann der Bestand zumindest erst einmal virtuell gesichert werden. Die Auswertung kann, zeitlich unabhängig, zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Durch die vielseitigen Auswertemöglichkeiten der einmal erhobenen Daten besteht nicht der zwingende Bedarf sich vor Beginn der Messkampagne auf ein Produkt festzulegen.

Unter wirtschaftlichen Aspekten sind die herkömmlichen Verfahren zur Zeit noch dann im Vorteil, wenn geringere Genauigkeitsanforderungen bestehen und/oder nur wenige Informationen erfasst werden müssen. So ist es oft sinnvoll, eine Kombination aus den verschiedenen Verfahren zur Bestandsaufnahme zu wählen.

Im Zuge der immer günstigeren Anschaffungspreise der Laserscanner und der Weiterentwicklung fachspezifischer Auswertesoftware wird das 3D-Laserscanning im Bereich der Archäologie und Denkmalpflege einen immer größeren Stellenwert einnehmen.

7. Literatur

Mechelke, K., Kersten, Th., Lindstaedt, M., (2007): Comparative Investigations into the Accuracy Behaviour of the New Generation of Terrestrial Laser Scanning Systems. 8th Conference on Optical 3D Measurement Techniques, (Eds. Gruen/Kahmen), Zurich, July 9-12, Vol. I, pp. 319-327

 

Kontakt

Olaf Prümm
Lupos 3D GbR
13355 Berlin
Mail: pruemm@lupos3d.de

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