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Memorandum zur Situation der Vermittlungsarbeit im Museum im Hinblick auf Scheinselbstständigkeit

[ Dies Memorandum als PDF - 948 kb ]

Präambel

Derzeit prüft die Deutsche Rentenversicherung Beschäftigungsverhältnisse im Bereich Bildung und Vermittlung in Museen im Hinblick auf Scheinselbstständigkeit. Infolge dessen besteht keine Rechtssicherheit hinsichtlich der Sozialversicherungspflicht gegenüber Freien Mitarbeitenden. Dieses von den unterzeichnenden Verbänden Bundesverband Museumspädagogik e.V., Bundesverband freiberuflicher Kulturwissenschaftler e.V. und Deutscher Museumsbund e.V. erarbeitete Memorandum richtet sich daher an Museen, Museumsträger, Verbände und Freie Mitarbeitende, um die Situation zu beschreiben und auf den Handlungsbedarf hinzuweisen.

Logos der Verbände

Bildung und Vermittlung im Museum

"Bildung und Vermittlung" ist eine der fünf Säulen der Museumsarbeit. Dies ist in den Ethischen Richtlinien des Internationalen Museumsrats ICOM ebenso festgeschrieben wie in den Standards für Museen des Deutschen Museumsbunds. Durch die von ihnen geleistete Kulturelle Bildung nehmen die Museen eine herausragende Rolle in der nationalen Bildungslandschaft ein, wie sie auch durch Gesellschaft und Politik erwartet und eingefordert wird. In den vergangenen Jahrzehnten hat die Bildungs- und Vermittlungsarbeit nicht nur ihre Methoden, ihre Formate und somit ihr Angebot kontinuierlich erweitert, sondern sich auch grundlegend professionalisiert etwa hinsichtlich Qualität, Qualifizierung und Wissenschaftlichkeit. So gelingt es, einem äußerst heterogenen Publikum kulturelle Teilhabe und Bildung im Sinne des lebenslangen Lernens zu ermöglichen.

Die Museen benötigen zur Erfüllung dieser Aufgabe stabile Strukturen, die bedarfsbezogen erweitert werden können. Sie müssen in der Konzeption wie in der Durchführung von Programmen und Veranstaltungen die Möglichkeit haben, auf verschiedene Kompetenzen sowie Fachkenntnisse, d.h. insgesamt auf eine große Diversität bei den Vermittelnden flexibel zugreifen zu können. Nur so können sie angemessen auf gesellschaftliche Entwicklungen und Anforderungen, etwa hinsichtlich inter- und transkultureller Ansätze, reagieren. Zudem erfordert der Museumsalltag große Flexibilität hinsichtlich eines punktuellen, zielgerichteten Einsatzes verschiedener Kräfte sowie besonderer Bedarfe zu Großausstellungen, für Projekte oder spezifische Zielgruppen.

Aktuell steht das lange gewachsene und etablierte System aus einem Zusammenspiel von festen und freien Kräften in der Bildungs- und Vermittlungsarbeit auf dem Prüfstand, da die Deutsche Rentenversicherung zunehmend zu der Einschätzung gelangt, dass es sich bei freien Mitarbeitenden um abhängig Beschäftigte handelt. Die damit einhergehende Rechtsunsicherheit gefährdet die kontinuierliche, qualitätsvolle und bedarfsorientierte Arbeit grundlegend.

Die rechtliche Situation

Grundsätzlich kann jede Tätigkeit als freie Kraft, als Arbeitnehmerin bzw. Arbeitnehmer oder auch ehrenamtlich erfolgen. Wird für diese Tätigkeit eine Vergütung gezahlt, so ist zwischen der freien Mitarbeit und dem Arbeitsverhältnis abzugrenzen. Dabei sind aus juristischer Sicht mehrere Rechtsgebiete (Arbeits-, Steuer- und Sozialversicherungsrecht) betroffen. In der Museumspraxis spielt die sozialversicherungsrechtliche Situation eine besonders große Rolle, da im Falle einer sogenannten "abhängigen Beschäftigung" Sozialversicherungsbeiträge abzuführen sind. Die Rentenversicherungsträger kontrollieren dies im Rahmen ihrer regelmäßigen Betriebsprüfungen oder einer anlassbezogenen Prüfung. Wird dabei entdeckt, dass Sozialversicherungsbeiträge unrechtmäßiger Weise nicht abgeführt wurden, so können diese für die vergangenen vier Jahre zurückgefordert werden. Dabei trägt der Beitragsschuldner, in dem Fall das Museum, den vollen Beitragssatz.

Ob nun eine Sozialversicherungspflicht vorliegt oder nicht, richtet sich danach, ob die betroffene Person, die ihre Dienste leistet, im Sinne des § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuchs (SGB) IV "beschäftigt" ist: "Beschäftigung" ist danach die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Liegt eine abhängige Beschäftigung im o.g. Sinne vor, so ist meist - aber nicht im jeden Fall zwingend - auch ein Arbeitsverhältnis gegeben. Wegen der unüberschaubaren Vielzahl von ganz unterschiedlichen Konstellationen kann die genannte Definition von Beschäftigung nur allgemein sein. Eine Beurteilung kann nur im Einzelfall erfolgen.

Für die museale Bildungs- und Vermittlungsarbeit stellt das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom Februar 2015 zur Situation im TECHNOSEUM - Landesmuseum für Technik und Arbeit in Mannheim die erste spezifisch einschlägige Entscheidung dar. Jedoch ist festzuhalten, dass nach bisherigen Erfahrungen die Deutsche Rentenversicherung dieses Urteil lediglich als Einzelfallentscheidung ansieht und diesem keinen leitenden Charakter zuweist. Will man jedoch diesem Urteil, das für die Tätigkeit klassischer Führungen ergangen ist, prinzipiell Folge leisten, so gelten folgende Leitlinien:

  1. Ausführende Kräfte in der Bildung und Vermittlung können sowohl in freier Mitarbeit als auch angestellt tätig sein.
  2. Ausführende Kräfte in der Bildung und Vermittlung können selbstständig, d.h. nicht abhängig beschäftigt tätig sein, wenn sie
    a) nicht in den Betrieb eingegliedert sind und
    b) keinem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht unterliegen.

Zu 2a) Eingliederung:
Eine Eingliederung, d.h. eine Anpassung an die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers kann in vielfältiger Hinsicht vorliegen. Sie führt aber nicht zur abhängigen Beschäftigung, wenn sie einen sogenannten Sachzwang darstellt, d.h. für alle mit der Tätigkeit betrauten Personen gilt, gleich ob Arbeitnehmerin bzw. Arbeitnehmer oder freie Mitarbeiterin bzw. freier Mitarbeiter, und zwar aus rein organisatorischen Gründen (z.B. Raumkapazität für Ausstellungsführungen). Sind jedoch die Weisungen der Ausdruck des betriebspolitischen Willens des Weisungsgebers (z.B. wo eine Führung beginnen muss und wo sie zu enden hat), so handelt es sich um eine Weisung ohne Sachzwang, die für eine Eingliederung spricht.

Zu 2b) Art der Ausführung: Insbesondere deswegen, weil es sich bei den ausführenden museumspädagogischen Leistungen um sogenannte Dienste höherer Art handelt, d.h. bei denen prinzipiell ein größerer intellektueller Freiraum gegeben ist, ist ein entscheidendes Kriterium die Art der Ausführung. Zu fragen ist daher:

Je mehr Vorgaben gemacht werden, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine abhängige Beschäftigung vorliegt. Werden noch weitere Aufgaben, wie z.B. Aufsichtsfunktion, übertragen, dürfte keine freie Mitarbeit mehr vorliegen. Durch das sogenannte Anfrageverfahren (oder auch Statusfeststellungsverfahren genannt) gemäß § 7 a SGB IV besteht die Möglichkeit seitens des Museums oder jedes/ jeder Mitarbeitenden, eine Klärung hinsichtlich der Einordnung des Einsatzes zu erzielen.

Empfehlung

Museen und deren Träger sowie die Freien Mitarbeitenden sind dazu aufgerufen, die eigene konkrete Situation hinsichtlich der Rechtskonformität zu klären. Die konkrete Organisation und Realisierung muss für jedes Museum individuell entschieden werden. Dabei kommen sowohl freie Mitarbeit als auch eine Anstellung in Betracht. Bei allen Überlegungen, welche Auswirkungen dies auf die museale Praxis hat, sind folgende Eckpunkte zu berücksichtigen:

Um diesen Anforderungen gerecht werden zu können, kann es auch notwendig sein, neue Modelle der Beschäftigung oder Beauftragung von Personen in der Vermittlungsarbeit zu entwickeln und damit auch die Art der Zusammenarbeit zwischen Institution und Vermittlungspersonal zu überdenken. Es gilt, die Initiative zu ergreifen und gemeinsam - Museen und Kulturvermittelnde - nach individuellen Lösungen zu suchen, die nicht nur rechtlich tragfähig sind, sondern vor allem auch ein hohes Niveau der Vermittlungstätigkeit dauerhaft sicherstellen können.

Oktober 2017

Anja Hoffmann, 1. Vorsitzende Bundesverband Museumspädagogik e.V.

Prof. Dr. Eckard-Köhne, Präsident Deutscher Museumsbund e.V.

Thomas Hammacher, Vorsitzender Bundesverband freiberuflicher Kulturwissenschaftler e.V.