Effiziente magnetische Prospektion mit Mehrkanalsystemen und dem neuen Digitizer LEA D2

Von Burkart Ullrich, Cornelius Meyer

Einleitung

Seit 1998 werden durch Eastern Atlas geophysikalische Untersuchungen für die archäologische Prospektion durchgeführt. Dabei kommt ein breites Spektrum geophysikalischer Methoden zur oberflächennahen Erkundung zum Einsatz.

Magnetische Messungen der Totalfeldintensität (z.B. mit Cäsium-Magnetometern) oder des Vertikalgradienten (z.B. mit Fluxgate-Magnetometern) sind die am häufigsten eingesetzten Verfahren der Angewandten Geophysik bei der Flächenerkundung mit archäologischen Zielstellungen. Mit dem Einsatz mobiler Sondenarrays in Mehrkanalsystemen erhöhte sich der Messfortschritt in der magnetischen Prospektion in den letzten Jahren deutlich. Im Vergleich zu anderen in der archäologischen Forschung verwendeten Magnetometern (z.B. Cäsium, SQUID) bieten Fluxgate-Gradiometer die Möglichkeit, Arrays mit mehreren parallel betriebenen Sensoren deutlich kostengünstiger aufzubauen.

Motivation

Ausgangspunkt für die Weiterentwicklung von mehrkanaligen Gradiometersystemen waren die gestiegenen Anforderungen an die archäologische Prospektion hinsichtlich Präzision, Effizienz und Flexibilität, denen die derzeit verfügbaren Mehrkanal-Fluxgatesysteme nicht in vollem Umfang genügen. Eine sehr hohe Genauigkeit ist sowohl bei der Messung der magnetischen Feldkomponenten als auch bei der Positionierung gefordert. Ziel ist, den Vertikalgradienten der Z-Komponente des Magnetfeldes mit einer Genauigkeit zu messen, die es erlaubt, auch sehr schwach magnetische archäologische Befunde in Magnetfeldkarten (sog. Magnetogrammen) erkennbar zu machen, auch wenn die Messwerte im Bereich von ±1 nT liegen. Die exakte Echtzeit-Positionierung der magnetischen Messdaten kann zwar meist mittels DGPS gesichert werden, allerdings besteht Bedarf, alternative bzw. ergänzende Positionierungssysteme für eingeschränkten GPS-Empfang zu entwickeln. Der wichtigste Aspekt bei der Entwicklung war es, ein flexibles System zu konstruieren, das schnell und einfach auf die spezifischen Messbedingungen an unterschiedlichsten archäologischen Fundstellen ausgerichtet werden kann.

Technische Entwicklungen

Ergebnis der Entwicklung ist das modular aufgebaute magnetische Messsystem LEAMAX. Die technischen Entwicklungen umfassen das Trägersystem, die Einheit zur Datenaufzeichnung (Digitiser) sowie die Steuer- und Auswertesoftware. Als Sensoren wurden die bewährten Förster FEREX Fluxgate-Gradiometer eingesetzt, während für die DGPS-Positionierung hochwertige Antennen des Herstellers Novatel genutzt werden.

LEAMAX besteht aus einem ultraleichten Trägersystem für den Parallelbetrieb von derzeit bis zu 10 Gradiometersonden (siehe Abbildung 1). Es kann getragen oder gefahren werden und ist weitgehend zerlegbar, so dass sein Transport als normales Fluggepäck möglich ist.

Eine deutliche Effizienzsteigerung wurde durch die Entwicklung des Aufzeichnungssystems LEA D2, eines zehnkanaligen Digitisers (siehe Abbildung 2) erreicht, das für Messungen bei sehr hoher Messauflösung und äußerst geringem Eigenrauschen (mit jeweils einem 24 bit AD-Wandler pro Messkanal) konzipiert wurde Es weist außerdem ein sehr geringes Gewicht (<1 kg), kleines Außenmaß sowie volle Feldtauglichkeit (wetterfest nach IP54) auf. Die Entwicklung des Digitisers LEA D2 wurde als Einzelprojekt im Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) des BMWi im Zeitraum von 2009 bis 2011 gefördert.

Messwagen

LupeAbb. 1
Messwagen mit 10 Fluxgate-Gradiometern im Einsatz auf der Isola Sacra bei Ostia Antica, Italien. Die Gradiometer wurden hier im Abstand von je 50 cm montiert. Hinten am Messwagen befinden sich die GPS-Antenne (Rover), der Digitiser sowie der Feldrechner. (Foto: Eastern Atlas)

Digizizer

Abb. 2:
Der 10-Kanal-Digitiser LEA D2 mit Eingängen für 10 Sonden, DGPS- und Odometersignal sowie die Steuerung durch den Feldrechner (Foto: Eastern Atlas)

Zur präzisen Positionierung der magnetischen Messdaten wurde ein duales System aus der Aufzeichnung von DGPS mit einem RTK-Rover und der Längenmessung der Messprofile mittels Odometer implementiert. Diese Kombination erlaubt die zentimetergenaue Positionierung auch in Gebieten, wo der Empfang von GPS-Signalen nicht voll gewährleistet ist. Für die Datenbearbeitung werden skriptbasierte Open-Source-Programme verwendet, was die ständige Weiterentwicklung der Programme ermöglicht. Diese erlauben die automatisierte Auswertung und Darstellung der Daten bereits im Feld, so dass die Qualität von Mess- und Positionsdaten einer ständigen Kontrolle unterliegt.

Erfahrungen und Fallstudien

Das magnetische Messsystem LEA MAX bewährte sich seit Anfang 2010 bei zahlreichen Untersuchungen bei teils extremem Wetter (zwischen –20° C und +40 °C) und sehr unterschiedlichen Messbedingungen. Die Tagesleistungen bei Verwendung eines Messwagens mit 6 bis 10 Fluxgate-Gradiometern liegen zwischen 2 und 11 Hektar untersuchter Fläche. Bei freien großen Flächen lassen sich sogar Leistungen von ca. 2 Hektar pro Stunde erreichen.

Beispiel 1

Interpretation

LupeAbb. 3:
Ergebnis der magnetischen Messungen (links) und Interpretation (rechts) an der Fundstelle Urbach bei Nordhausen, Thüringen (aus Ullrich et al, 2011)

Abbildung 3 zeigt das Ergebnis einer magnetischen Prospektion auf einer Fläche von 8,7 Hektar zur Untersuchung eines eisenzeitlichen Siedlungsplatzes in einem Forschungsprojekt der Freien Universität Berlin. Die landwirtschaftlich genutzten Flächen konnten in diesem Falle nicht mit einem Zugfahrzeug befahren werden, dennoch wurde die fast 9 Hektar große Fläche in leicht hügeligem Gelände an nur einem Messtag untersucht. Dieses Beispiel zeigt das Potential des neu entwickelten Messsystems, archäologische Bodendenkmale auf großen Flächen effizient zu erfassen. Im Magnetogramm mit einer Dynamik von ±3 nT (links) werden ist eine Vielzahl von Magnetanomalien erkennbar. In der Interpretation (rechts) ist die Lage der eisenzeitlichen Siedlungsbefunde (Gruben, Verhüttungsplätze) sowie von Grabenstrukturen nachgezeichnet. Weiterhin sind vermutliche Lehmentnahmestellen, geomorphologische Strukturen (Erosionsrinnen) und moderne Störungen (Drainage, Pflugspuren) hervorgehoben.

Beispiel 2

Messwagen 2

Abb. 4:
Messwagen mit vier Fluxgate-Gradiometern für Messungen auf stark geneigten Hangflächen bei Francavilla Marittima, Region Kalabrien, Italien. (Foto: Eastern Atlas)

Messergebnis 2

LupeAbb. 5
Ergebnis magnetischer Messungen an einer bronzezeitlichen Fundstelle bei Francavilla Marittima (aus de Neef et al, 2012)

Abbildung 4 zeigt die Adaption des Mehrkanalsystems LEAMAX an die Messbedingungen auf einem bronzezeitlichen Fundplatz bei Francavilla Marittima in Kalabrien. In dem Projekt der Universität Groningen werden methodische Untersuchungen zur Detektierbarkeit archäologischer Befunde an kleinen Fundstellen in teils sehr exponierter Lage durchgeführt. Abbildung 5 zeigt exemplarisch die Ergebnisse geomagnetischer Messungen an einem der untersuchten bronzezeitlichen Fundplätze. Bei diesem Beispiel kam die Flexibilität des Systems hinsichtlich Arraybreite und Positionierung aus Kombination von GPS und Odometersignalen zum Tragen.

Potential und Perspektiven

Das magnetische Messsystem LEAMAX mit dem Digitiser LEA D2 gibt uns die Möglichkeit, Prospektionen archäologischer Fundstellen unterschiedlichster Charakteristik vorzunehmen. Sowohl bei großflächigen Untersuchungen als auch bei gezielten Messungen auf Fundstellen unter komplizierten Geländebedingungen kommen die Vorteile des neuen Messsystems zur Geltung. Die Verfügbarkeit der Messergebnisse unmittelbar nach der Messung gibt zum einen die Möglichkeit zur schnellen Qualitätskontrolle und erlaubt zum anderen, die Messflächen flexibel an die lokalisierten archäologischen Strukturen anzupassen. Das zur Auswertung und zum Datenprozessing entwickelte skriptbasierte Programmpaket zeichnet sich mit Blick auf die unterschiedlichsten Messbedingungen ebenfalls durch hohe Flexibilität aus. Um die zahlreichen Optionen effektiv nutzen zu können, werden allerdings profunde Kenntnisse sowohl der geophysikalischen Grundlagen als auch in der Signalbearbeitung vorausgesetzt. Werden die Möglichkeiten des Systems LEAMAX ausgeschöpft, kann eine höhere Datenqualität in der geomagnetischen Prospektion erzielt werden; was wiederum die Grundlage für eine plausible archäologische Interpretation ist.

Quellen

Burkart Ullrich, Georg Kaufmann, Rudolf Kniess, Henning Zoellner, Michael Meyer, Lilli Keller: Geophysical Prospection in the Southern Harz Mountains, Germany: Settlement History and Landscape Archaeology Along the Interface of the Latène and Przeworsk Cultures. Archaeological Prospection, Vol. 18/2, pp. 95-104.

Wieke de Neef, Martijn van Leusen, Kayt Armstrong: Macro to Micro - Multi-scalar approaches to the interpretation of protohistoric surface scatters. Presentation at Landscape Archaeology Conference LAC, Berlin 2012