Geomagnetische Prospektion: Wie beeinflussen die Messbedingungen das Ergebnis?

Von Richard Vogt

Einführung

Der Vortrag wendet sich an Archäologen, die vorhaben eine geomagnetische Prospektion zur Vorbereitung einer Grabung einzusetzen oder denen die Ergebnisse einer geomagnetischen Prospektion als Grundlage für eine Grabung vorliegen.

Hintergrund ist, dass man als Geophysiker beim Kontakt mit den Leuten, die mit archäologischen Dingen betraut sind, merkt, dass immer wieder bestimmte Auffälligkeiten bei den Darstellungen der Ergebnisse geomagnetischer Kartierungen hinterfragt werde.

Das sind dann oftmals gerade die Anomalien, die diejenigen, die mit diesen Darstellungen täglich zu tun haben, schon automatisch ausblenden.

Wir werden sehen, dass die Ergebnisse nicht nur auf ihre Art die eigentliche Befundlage darstellen, sondern stark von lokalen Gegebenheiten abhängen.

Das kann bei ortsnahen Geländen oft so aussehen wie auf Abbildung 1: Leitungen, Störungen durch oberirdische Objekte, verschleppter Bauschutt. Diese Bedingungen schlagen sich dann entsprechend in den Messergebnissen nieder.

Bauschutt

LupeAbb. 1
Leitungen, Störungen durch oberirdische Objekte und verschleppter Bauschutt im ortsnahen Gelände

Der Archäologe sollte über die Eigenarten der geomagnetischen Ergebnisse Bescheid wissen, um die Ergebnisse entsprechend bewerten zu können; nur dann lassen sich die Ergebnisse effizient nutzen. Und er muss wissen, dass nicht jede Anomalie auf den Darstellungen als archäologischer Befund zu deuten ist.

Beispiel 1: Beschaffenheit der Oberfläche der untersuchten Fläche

Im schematischen Schnitt sieht der "normale" Bodenaufbau auf Ackerflächen aus, wie in Abbildung 2a. Unter dem Ackerhorizont finden sich die mehr oder weniger gut erhaltenen archäologischen Befunde: hier z.B. eine verfüllte Grube und eine Pfostengrube. Unter solchen Bedingungen erhalten wir normalerweise ein ordentliches Abbild der zu erwartenden Befunde (Abb. 3 Abschnitte a und e).

Nach dem Pflügen weist der Acker eine deutlich unruhigere Ackeroberfläche auf (Abb. 2b). Dieses "Fehlen" oder "Mehr" an Material unter den Sonden wirkt sich auf die Messwerte dahingehend aus, dass wir Streifen im Messbild erhalten, die die Pflugspuren abbilden (Abb. 3 Abschnitte b und d). Zudem führt so eine Ackeroberfläche dazu, dass die Messsonden entsprechend unruhig über das Gelände getragen werden, was sich zusätzlich in einem unruhigerem Messbild niederschlägt.

Wenn auf einem Acker vormals Obstbäumen oder Sträuchern gestanden haben, deren Wurzelstöcke ausgeräumt wurden (Abb. 2c) - wurden auch die Befunde nachhaltig gestört und man erhält ein nochmals deutlich unruhigeres und entsprechend schlechteres Messbild (Abb. 3 Abschnitt c).

Grafik Ackerfläche 1

Abb. 2a
Ungestörte Ackerfläche

Grafik Ackerfläche 3

Abb. 2c:
Ackerfläche, tiefreichend gestört

Messbild 1

LupeAbb. 3
Die Beschaffenheit des Ackers beeinflusst die Messergebnisse entscheidend

Auf der Messfläche ist eine Vielzahl an verfüllten Gruben zu erkennen. Zudem verläuft ein verfüllter Graben diagonal über das gesamte Gelände. Weiterhin wird eine ehemalige Wegeführung jüngeren Datums angezeigt, die sich von links nach rechts über die Messfläche zieht.

Beispiel 2: Leitungen im Erdreich

Bereits durchgeführte Erdarbeiten, bei denen z.B. schon Leitungen eingebaut wurden, führen nicht nur zu Störungen der eigentlichen Befunde. Das Messbild wird durch die Wirkung der eingebauten Strukturen - Wasserleitungen, Fernwärmeleitungen, etc. - über die eigentlichen Störungen hinaus stark geprägt.

Grafik Ackerfläche 5

Abb. 4b:
Erdverlegte Leitungen

Messbild 2

LupeAbb. 5
Mehrere Leitungen verlaufen waagerecht und diagonal über die Messfläche. Der sanfte diagonal verlaufende Streifen bildet einen verfüllten Graben ab.

So wird das Messbild (Abb. 5) von waagerecht und diagonal verlaufenden erdverlegten Leitungen geprägt. Dennoch sind in der ansonsten relativ ungestörten Fläche neben einem verfüllten Graben eine Vielzahl von einzelnen Gruben und Grubenkomplexen deutlich zu erkennen.

Beispiel 3: Fremdmaterial im Pflughorizont

Oftmals ist der Pflughorizont mit Fremdmaterial durchsetzt ist. Das kann bewusst aufgebrachter Müll sein, der entsorgt und flächig verteilt wird (Abschnitt B in Abb. 7). Das kann auch Schottermaterial aus dem Wegebau sein, der über die Jahre von den Feldwegen auf den Acker verschleppt wird. In solchen Bereichen sind keine archäologischen Bodendendenkmäler zu erkennen. Auf den ungestörten Messabschnitten A und C in Abb. 7 sind mehrere Kreisgräben sowie eine Vielzahl von verfüllten Gruben abgebildet.

Grafik Ackerfläche 6

Abb. 6
Mit Fremdmaterial durchsetzter Pflughorizont

Messbild 3

LupeAbb. 7
Die unterschiedlichen Flurstücke sind durch Ackerfurchen voneinander getrennt. Auf dem Flurstück Messabschnitt B wurde Fremdmaterial auf den Acker verteilt.

Für den Abschnitt B können wegen der Anomalien durch den aufgebrachten Bauschutt keine Aussagen hinsichtlich von Bodendendenkmälern getroffen werden. Da in dem Abschnitt C jedoch Hinweise auf Gruben und ganz dünn auch auf weitere Kreisgräben zu erkennen sind, ist davon auszugehen, dass auch auf dem Abschnitt B weitere Siedlungsspuren vorliegen.

Beispiel 4: Hochspannungsleitungen, oberirdische Objekte

Auch oberirdische Strukturen, wie z.B. Strommasten oder Zaunanlagen, weisen kräftige Magnetfelder auf, die das Messbild prägen.

Grafik Ackerfläche 7

Abb. 8
Hochspannungsmast auf der Untersuchungsfläche

Messbild 4

LupeAbb. 9
Der Hochspannungsmast rechts im Bild überprägt die geomagnetischen Messungen in einem Umkreis von hier etwa 30 Metern.

Neben einer Vielzahl von Gruben, die teilweise in Gruppen angeordnet sind, wurde der Teil eines Erdwerkes (unten links) erfasst.

Beispiel 5: Abstand der Sonden zum Befund

Man führt die Sonden normalerweise in einer Höhe von etwa 10 cm bis 15 cm über dem Boden über die Messfläche. Wenn das Gelände etwas rauher ist entsprechend höher, um nicht anzustoßen. Wenn der Bewuchs es nicht zuläßt, auch entsprechend höher. Die magnetische Wirkung der Gruben schwächt sich entfernungsabhängig ab. Die Auflösung der Befunde verschlechtert sich je höher man die Sonden über dem Gelände führt.

Grafik Ackerfläche 8

Abb. 10a:
Bei bewachsenem Gelände werden die Sonden entsprechend höher über das Gelände geführt.

Grafik Ackerfläche 9

Abb. 10b:
Bei bereits abgeschobenem Ackerboden werden die Sonden entsprechend näher über den Befunden geführt.

Umgekehrt nimmt die Wirkung jedoch zu, wenn man den Befunden näher kommt. Dies ist dann der Fall, wenn der Oberboden abgetragen wird. So kommt es zu dem seltenen Umstand, dass eine geomagnetische Untersuchung ein besseres Ergebnis liefert, obwohl die Bauarbeiten schon begonnen haben.

Hier wurde eine Flächenabschnitt gemessen, auf dem eine Vielzahl von Befunden deutlich zu erkennen ist. Die Messungen wurden nach dem Abschieben des Ackerhorizontes wiederholt.

Dabei erhält man nun ein deutlich klareres Bild der Befundlage:

An den Gebäudegrundrissen unter dem Kreisgraben, lassen sich nun die einzelnen Pfostenlöcher erkennen. Rechts neben dem senkrecht verlaufenden Graben werden nun mehrere Gebäudegrundrisse mit Pfostenstellungen (Firstpfosten etc.) abgebildet. Es wurden Details der Grabenabdeckung erfasst.

Messbild 5

LupeAbb. 11
Die Messungen wurden einmal (oben) auf dem Ackerhorizont und einmal nach Abtrag der Pflugschicht (unten) durchgeführt.

Beispiel 6: Geologische Ereignisse

Geologische Ereignisse aus der jüngeren Zeit können Bodendenkmäler überdecken oder angreifen. Wird ein Siedlungsplatz kolluvial überdeckt, ist es mit magnetischen Verfahren nicht mehr zu erfassen. So kommt es vor, dass auf einer Messfläche klare geomagnetische Befunde innerhalb von wenigen Metern unscharf werden und ganz verschwinden. Das muss dann nicht heißen, dass hier keine weitere Siedlungsspuren vorliegen.

In dem Beispiel ist die beginnende Zerstörung von Bodendenkmälern (hier ein Kreisgraben mit einem Durchmesser von etwa 25 Metern) infolge von Bodenabtrag durch Überschwemmungsereignisse im Bereich eines Baches zu erkennen.

Messbild 6

LupeAbb. 12
Der Kreisgraben in der Mitte des Bildes ist durch jüngere geologische Vorgänge bereits teilweise abgetragen.

Andere geologische Gegebenheiten wie z.B. nur gering magnetisierbare Bodenteilchen bei sandigen Böden können ebenfalls dazu führen, dass mit einer geomagnetischen Prospektion die archäologische Befundlage nur zum Teil oder auch gar nicht erfasst wird.

Zusammenfassung

Die Ergebnisse von geomagnetischen Kartierungen können unter günstigen Bedingungen die archäologische Befundlage sehr genau abbilden. Ebenso können sie jedoch auch von einer Vielzahl unterschiedlicher Gegebenheiten soweit überprägt werden, dass keine Aussagen über das Vorhandensein von archäologischen Bodendendenkmälern getroffen werden können. Hier wurden nun die wichtigsten "Störer" angesprochen, die bei der geomagnetischen Prospektion vor allem in den Ortsrandlagen immer wieder angetroffen werden.